Selbstreflexion

Veröffentlicht am
28 Dezember 2022
Zuletzt aktualisiert
16 Dezember 2023

Selbstreflexion ist etwas, dass wir häufig zwischen den Jahren betreiben, wenn wir das Jahr revue passieren lassen. Aber was genau ist diese Selbstreflexion und wie gelingt sie uns besonders gut? Das erfährst du in folgendem Beitrag.

Selbstreflexion = Achtsamkeit?

Laut D. Frey (2016) bedeutet Selbstreflexion, über sich selbst nachzudenken. Dieser Prozess beschränkt sich nicht nur auf das eigene Verhalten, sondern auch auf eigene Einstellungen, Werte, Interessen, Stärken etc. Dabei grenzt er Achtsamkeit durch zwei Aspekte ganz bewusst von der Selbstreflexion ab. Zum einen ist Selbstreflexion im Gegensatz zur Achtsamkeit meist durch eine negative Erfahrung ausgelöst. Zum anderen verfolgt die Selbstreflexion das konkrete Ziel, durch die Auseinandersetzung mit der negativen Erfahrung und dem damit einhergehenden Verhalten einen Erkenntnisgewinn für zukünftige, ähnliche Situation zu erhalten. Konkret soll die Selbstreflexion also Antworten auf die Frage „Wie kann ich mich in der Zukunft besser verhalten?“ liefern. Im Gegensatz dazu ist die Achtsamkeit laut Frey nicht zweckorientiert und hat häufig nur zufällig Verhaltensänderungen zur Folge.

Die Selbstreflexionsphase zwischen den Jahren wird höchstwahrscheinlich weniger durch negative Ereignisse als durch die Tatsache ausgelöst, dass wir im Vergleich zum verplanten Alltagsleben endlich wieder mehr Zeit haben, in uns zu gehen und uns mit uns selbst und unseren Wünschen, Werten und Bedürfnissen auseinanderzusetzen. Wer findet im Alltag schließlich Zeit für eine komplexe Analyse der eigenen Gefühle und Verhaltensweisen?

Das Problem mit der Selbstreflexion

Wenn wir dann endlich mal wieder Zeit finden, um bei einer guten Tasse Tee und mit Papier und Stift ausgestattet eine Art Mindmap über das eigene Leben anzufertigen, kann das auch schnell zu Überforderung führen. Schließlich sind wir wochen-, wenn nicht sogar monatelang blind unseren Alltagsanforderungen nachgegangen. Vielleicht realisieren wir plötzlich, dass wir komplett an unseren Werten vorbeigelebt haben, oder dass wir unsere Bedürfnisse vernachlässigt haben. Vielleicht machen wir uns Vorwürfe für dieses unbewusste Verhalten und trauern der „verlorenen“ Zeit hinterher. Wichtig ist hierbei, nicht zu hart zu sich selbst zu sein und den Prozess der Selbstreflexion eher sachlich anzugehen. Ja, es mag womöglich schockierend oder traurig sein, wenn wir in der letzten Zeit nicht der Mensch waren, der wir sein wollten. Aber viel wichtiger ist doch, dass wir jetzt, wo wir uns darüber bewusst sind, die Chance haben, an uns zu arbeiten und zukünftig unser Verhalten zu ändern. Selbstverurteilungen helfen hier sicher wenig weiter. Zudem sind wir nicht immer verantwortlich dafür, wenn Dinge nicht so laufen wie sie sollen. Aber das haben wir ja nur zu gut in den zwei Jahren Pandemie gelernt.

Wie gelingt uns also eine sachlichere und hilfreichere Selbstreflexion? Wir haben zwei Fragen, die dir womöglich dabei weiterhelfen werden.

1. Frage zur Selbstreflexion: Wo stehe ich gerade?

Versuche, deine Selbstreflexion wie eine Art „Bestandsaufnahme“ durchzuführen. Häufig tendieren wir dazu, uns nur dafür zu kritisieren, was wir schlechtes gemacht oder was wir nicht erreicht haben, anstatt das anzuerkennen, was wir gut gemeistert haben. Wie bei einer Bestandsaufnahme solltest du sowohl deine Gewinne als auch deine Verluste der letzten Zeit berücksichtigen.

Was lief gut in letzter Zeit?

Worauf bist du besonders stolz?

Wie hast du erreicht, was du wolltest? Haben dir dabei bestimmte Strategien weitergeholfen?

Lass dir Zeit, alles Positive zu sammeln. Schreibe es am besten auf einen Zettel, damit du es nicht vergisst. Sei stolz auf dich und auf das, was du erreicht hast. Und nachdem du dies ausreichend gewürdigt hast, widme dich den eher schlechten Dingen.

Was ist dir nicht so gut gelungen?

Wo lagen deine Schwächen bzw. die Schwierigkeiten?

Hat dir vielleicht etwas gefehlt, weshalb du nicht vorankamst?

Hast du vielleicht eine Strategie benutzt, die sich als ungünstig oder hinderlich herausgestellt hat?

Schreibe auch hier alles so detailliert wie möglich auf, denn im nächsten Schritt geht es darum, auf Basis dieser Bestandsaufnahme Pläne für eine erfolgreichere Zukunft zu schmieden.

2. Frage zur Selbstreflexion: Wo will ich hin?

Sicher kamen bei der ersten Frage viele positive, aber negative Emotionen in dir auf. Anstatt diese zu fokussieren, solltest du nun lösungsorientiert an die identifizierten Probleme herangehen.

Mache dir bewusst, ob deine Werte von damals immer noch die gleichen sind wie heute. Vielleicht hast du erfolglos auf eine Beförderung hingearbeitet und Karriere stand für dich an erster Stelle. Heute erscheint dir dieses Ziel jedoch unwichtig? Deine Wertvorstellungen haben sich einfach geändert und dir ist jetzt z.B. viel wichtiger, dass du im privaten Umfeld möglichst viel Zeit mit deinen Liebsten verbringst. Das ist völlig okay, jeder von uns ändert mal seine Ziele oder Wertvorstellungen. Wichtig ist jetzt, dass du dies anerkennst und alle veralteten Ziele und Werte von deiner Liste streichst und dir Gedanken machst, was dir aktuell wichtig ist und du in Zukunft verfolgen willst.

Nutze dabei die Erkenntnisse aus deiner Bestandsaufnahme und stelle dir weiterführende Fragen:

Was ist dir immer noch wichtig und wie kannst du es zukünftig besser erreichen?

Welche Fehler hast du gemacht und wie kannst du aus ihnen zukünftig lernen?

Was hast du bereits gut gemacht und wie kannst du dies auch in Zukunft strategisch umsetzen?

Sei auch hier so detailliert und konkret wie möglich und erstelle dir eine Übersicht über deine Pläne für die Zukunft.

Ein Junge reflektiert sich selbst und macht Notizen in einem Tagebuch.

Von der Selbstreflexion zur Handlung – Just do it!

Jetzt, wo du hoffentlich einen guten Überblick über deinen Selbstreflexionsprozess bekommen hast, liegt es an dir, ob du in Zukunft deinen Werten entsprechend engagiert handelst. Reflektiere ruhig öfter als nur einmal im Jahr oder nach negativen Ereignissen. So schaffst du mehr Bewusstsein darüber, wo du im Leben stehst und wo du gerne hin möchtest. Denn auch schon Dalai Lama sagte: „Verbringe jeden Tag einige Zeit mit dir selbst.”

Denke dabei immer wieder, wie glücklich wir Menschen uns schätzen können, dass wir unser eigenes Denken und Handeln reflektieren können. Diese in der Psychologie oft als metakognitiv bezeichnete Fähigkeit der Selbstreflexion ist zwar in Ansätzen auch in der Tierwelt wiederzufinden, jedoch sind wir Menschen wahre Meister darin!

Veränderungen im Leben

Vielleicht hast du bei deiner Selbstreflexion gemerkt, dass du gerne etwas in deinem Leben verändern würdest. Wie du gut mit Veränderungen umgehen kannst, erfährst du in unserem Beitrag dazu. Bis gleich!

Online meditieren mit der Mindclub App

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Quellen

Ispaylar, A. (2016). Selbstreflexion. In: Frey, D. (eds) Psychologie der Werte. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-48014-4_16

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