Schmerzen hat wohl jeder von uns schon einmal erlebt – sei es der ziehende Rücken nach einem langen Bürotag oder der intensive Schmerz im Bein nach einem Knochenbruch. Solche akuten Schmerzen dienen als Warnsignal unseres Körpers, dass etwas unsere Aufmerksamkeit benötigt. Doch was passiert, wenn diese Warnfunktion nicht mehr erforderlich ist, die Schmerzen jedoch bleiben?
Was sind chronische Schmerzen?
Der Begriff chronisch stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „langwierig“ oder „ständig“.
Medizinisch spricht man von chronischen Schmerzen, wenn diese länger als drei Monate anhalten oder wiederholt auftreten. Anders als akute Schmerzen, die eine klare Ursache und Funktion haben, entwickeln chronische Schmerzen häufig einen eigenen Krankheitswert. Die Ursachen sind vielfältig: Sie können mit oder ohne Gewebeschädigung auftreten und werden von biologischen, psychologischen und sozialen Faktoren beeinflusst.
Das Schmerzgedächtnis: Warum verschwinden Schmerzen nicht?
Die Entstehung chronischer Schmerzen ist ein komplexer, multifaktorieller Prozess. Häufig entwickeln sie sich aus einem akuten Schmerzereignis, das durch bestimmte Verhaltensmuster unbewusst aufrechterhalten wird. So kann Angst Vermeidungsverhalten fördern, was Fehlhaltungen und Verspannungen begünstigt. Auf der anderen Seite kann die Ignoranz von Schmerzen zu Überlastung und langfristigen Schäden führen.
Chronische Schmerzen können tiefgreifende Veränderungen im Nervensystem hervorrufen, die die Art und Weise beeinflussen, wie Schmerz wahrgenommen wird. Auf physiologischer Ebene werden die Nerven zunehmend empfindlicher, was zu einer verstärkten Schmerzwahrnehmung führt. Mit der Zeit entsteht ein sogenanntes „Schmerzgedächtnis“, bei dem der Schmerz auch nach dem Abklingen der ursprünglichen Ursache weiterhin erlebt wird. Diese Veränderungen betreffen vor allem den somatosensorischen Kortex – den Bereich des Gehirns, der unter anderem Schmerzen verarbeitet. Bei anhaltenden Schmerzen kommt es hier zu einer dauerhaften Umorganisation der Nervenzellen, wodurch der Schmerz auch ohne äußeren Reiz weiter empfunden wird.
Diese Umorganisation betrifft nicht nur das Gehirn, sondern auch das Rückenmark und die Nervenenden. Wiederholte Schmerzverarbeitung verstärkt die Aktivierung der schmerzleitenden Bahnen, was dazu führen kann, dass der Schmerz auch ohne eine tatsächliche Ursache fortbesteht – ein Phänomen, das als Schmerzgedächtnis bezeichnet wird.
Chronische Schmerzen sind weit verbreitet. Allein in Deutschland sind über 3 Millionen Menschen von schweren chronischen Schmerzen betroffen. Sie können in nahezu jedem Bereich des Körpers auftreten. Zu den häufigsten Formen zählen Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Migräne und Gelenkschmerzen.
Wie Schmerz und Psyche sich gegenseitig verstärken
Chronische Schmerzen äußern sich recht individuell. Unumstritten ist aber, dass sie das Berufs- und Privatleben erheblich beeinflussen können. Diese Erfahrungen gehen oft mit Gefühlen wie Hoffnungslosigkeit, sozialer Isolation, Reizbarkeit und weiteren Symptomen einher. Somit ist es nicht verwunderlich, dass chronische Schmerzen auch häufig mit psychischen Erkrankungen begleitet werden, wie Depressionen, Angststörungen, posttraumatische Belastungsstörungen und somatoformen Störungen. Somatoforme Störungen äußern sich durch körperliche Beschwerden, für die keine organische Ursache gefunden werden kann. Prävalenzen von bis zu 56 % zeigen sich bei der Kombination von Depression und Rückenschmerzen, während Ängste und Bauchschmerzen eine Prävalenz von bis zu 51 % aufweisen. Diese Zahlen verdeutlichen, wie häufig chronische Schmerzen mit psychischen Erkrankungen zusammen auftreten. Der Begriff Prävalenz beschreibt, wie viele Menschen in einer bestimmten Gruppe zu einem bestimmten Zeitpunkt oder über einen Zeitraum von einer Krankheit betroffen sind. Es wird von einer wechselseitigen Beeinflussung berichtet. Besonders auffällig ist, dass Menschen mit einer Angststörung ein zwei- bis dreifach höheres Risiko haben, an Migräne zu erkranken, im Vergleich zu Menschen ohne diese chronische Kopfschmerzerkrankung.
Die enge Verbindung zwischen Schmerz und Psyche ist nicht zu übersehen und wird sowohl in der Schmerztherapie berücksichtigt als auch weiterhin erforscht. Stress, emotionale Belastungen und sogar die bloße Erwartung von Schmerzen können die Schmerzempfindung verstärken und Schmerzen auslösen.
Therapievielfalt: Ganzheitliche Wege zur Schmerzlinderung
Ein ganzheitlicher Ansatz ist entscheidend für die Behandlung chronischer Schmerzen. Neben Medikamenten und physikalischer Therapie wie Physiotherapie gehört auch zur ganzheitlichen Schmerzbehandlung die psychologischen Methoden, worunter unter anderem Psychotherapie, Entspannungstechniken und Meditation fallen.
Meditation und Achtsamkeit als innere Werkzeuge gegen Schmerzen
Die Wirkung von Meditation und Achtsamkeit wurde bereits in einigen Studien untersucht und stellen vielversprechende Ansätze dar.
Sie zeigen Wirkung auf psychischer und und körperlicher Ebene:
- Schmerzwahrnehmung wird reduziert: Studien haben gezeigt, dass Achtsamkeitstechniken die empfundene Schmerzintensität messbar verringern können.
- Verbesserung der Lebensqualität: Regelmäßige Achtsamkeitspraxis kann durch die Reduktion von Angst und Depression zu einer erheblichen Verbesserung der Lebensqualität beitragen.
- Stress und emotionale Belastung wird abgebaut: Meditation hilft, Stress abzubauen und emotionale Belastungen zu lindern, was sich positiv auf die allgemeine Schmerzbewältigung auswirkt.
- Kein Abhängigkeitsrisiko: Im Gegensatz zu medikamentösen Therapien, die ein hohes Potenzial für Abhängigkeit mit sich bringen können, ist Meditation eine risikoarme Alternative.
- Zusätzliche Verbesserung der Begleiterkrankungen: Studien zeigen auch, dass Achtsamkeitsmeditation nicht nur Schmerzen lindern kann, sondern auch positive Effekte auf Begleiterkrankungen wie Angststörungen oder Depressionen hat.
So startest du: Praktische Tipps für deinen Weg zu mehr Achtsamkeit
- Starte mit geführten Meditationen: Für Anfänger sind geführte Meditationen hilfreich, um den Fokus auf den Atem und die Empfindungen zu trainieren.
- Regelmäßigkeit ist der Schlüssel: Teilnehmer, die über einen Zeitraum von 8 Wochen regelmäßig meditierten, durchschnittlich 4,3 Tage pro Woche, erlebten deutliche Verbesserungen in der Schmerzakzeptanz und körperlichen Funktion. Diese regelmäßige Praxis ist entscheidend, da sie eine nachhaltige Veränderung im Schmerzgedächtnis und der Schmerzverarbeitung fördert. Durch kontinuierliche Übung wird das Gehirn neu organisiert, was zu einer Reduktion der Schmerzwahrnehmung und einer Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens führt.
- Akzeptanz üben: Lerne, den Schmerz bewusst wahrzunehmen, ohne ihn zu bewerten. Dies hilft, die emotionale Belastung durch Schmerzen zu reduzieren. Studien zeigen, dass das gezielte Üben von Akzeptanz bei chronischen Schmerzen dabei hilft, den Schmerz weniger belastend zu erleben. Indem man lernt, den Schmerz anzunehmen und nicht ständig gegen ihn anzukämpfen, lässt sich die emotionale Belastung verringern und das Wohlbefinden verbessern. Auch wenn diese Methoden nicht immer stärker wirken als traditionelle Therapien, können sie eine wertvolle Alternative sein.
- Kombiniere mit anderen Ansätzen: Meditation ist besonders wirksam, wenn sie mit Bewegungstherapie, kognitiver Therapie oder anderen Behandlungsformen kombiniert wird.
- Individualität: Jeder Mensch ist anders. Probiere verschiedene Methoden aus, um herauszufinden, was am besten für dich funktioniert.
Probiere doch mal eine Bodyscan-Übung oder Sitzmeditation aus:
Bodyscan-Übung:
Der Bodyscan ist eine effektive Methode, um deinen Körper bewusst wahrzunehmen und tief zu entspannen. Du kannst diese Übung im Sitzen oder im Liegen durchführen. Wähle die Position, die für dich am angenehmsten ist.
So geht’s:
- Beginne mit deinem Kopf: Richte deine Aufmerksamkeit zunächst auf deinen Kopf. Spüre, ob dort Spannungen vorhanden sind, ohne sie zu bewerten.
- Arbeite dich langsam nach unten: Wandere gedanklich von deinem Kopf über deinen Nacken, die Schultern, Arme und Hände, bis hinunter zu deinem Oberkörper, den Beinen und schließlich deinen Zehenspitzen.
- Bleibe im hier und jetzt: Wenn Gedanken auftauchen, lass sie einfach kommen und gehen, ohne diese zu bewerten. Lenke deine Aufmerksamkeit wieder auf deinen Körper.
Sitzmeditation:
Die sitzende Meditation ist ideal, um deinen Geist zu beruhigen und achtsam im Moment zu sein. Du brauchst nichts weiter als einen bequemen Stuhl oder ein Kissen und ein wenig Zeit für dich selbst.
So geht’s:
- Setze dich bequem hin: Wähle eine Sitzposition, die sich angenehm anfühlt. Deine Füße sollten den Boden berühren, und dein Rücken sollte gerade, aber entspannt sein. Stelle sicher, dass du eine Haltung einnimmst, die du ohne Anstrengung über einen längeren Zeitraum beibehalten kannst.
- Fokussiere dich auf deinen Atem: Lenke deine Aufmerksamkeit auf deinen Atem. Spüre, wie die Luft in deinen Körper einströmt und wieder ausströmt.
- Zähle deinen Atem: Um fokussiert zu bleiben, zähle jeden Atemzug. Zum Beispiel: Einatmen – „eins“, ausatmen – „zwei“.
- Bleibe geduldig: Wenn deine Gedanken abschweifen, was völlig normal ist, bemerke es einfach und lenke deine Aufmerksamkeit sanft zurück zu deinem Atem.
Tipp: Meditation und Achtsamkeit ist kein Wettkampf. Du tust damit etwas für dich und dein Wohlbefinden. Sei nicht zu streng mit dir, wenn sich immer wieder Gedanken aufdrängen – das ist ganz normal. Je öfter du dich darin übst, desto leichter wird es dir fallen.
Fazit
Meditation und Achtsamkeit sind effektive und risikoarme Ansätze zur Schmerzbewältigung, die besonders bei chronischen Schmerzen vielversprechende Ergebnisse zeigen. Sie lindern nicht nur die Schmerzintensität, sondern können auch begleitende psychische Beschwerden wie Angst und Depression positiv beeinflussen. Ein ganzheitlicher Ansatz sollte stets berücksichtigt werden, da die Ursachen, wie bereits erwähnt, meist multifaktoriell sind und entsprechend umfassend behandelt werden sollten. Eine Kombination dieser verschiedenen Ansätze kann den Behandlungserfolg optimieren. Ein weiterer Vorteil von Achtsamkeit und Meditation ist, dass sie dabei helfen können, den Teufelskreis chronischer Schmerzen und psychischer Belastung zu durchbrechen, und das allgemeine Wohlbefinden nachhaltig zu verbessern.
Wage noch heute den ersten Schritt und starte mit einer kurzen 5-minütigen Achtsamkeitsmeditation, um die positive Wirkung auf dein Wohlbefinden zu erleben.
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